Brief der FIMEM zur Unterstützung der Freunde in Tunesien
Lieber sich opfern als leben in der „Hölle der Unmöglichkeiten“!
In Tunesien werden wir Zeugen von Verzweiflungsakten, von Aufständen, die im Blut erstickt werden!
Es gibt unterdrückerische und mörderische Gewalttaten als Antwort auf die Demonstrationen einer Jugend, die erbittert ist über Zurückweisungen und Demütigungen, die ohne Zukunft und ohne Hoffnung aufwächst!
Die Gewalttätigkeiten auf der Straße sind wie ein Spiegel, der den herrschenden Klassen vorgehalten wird. Sie sind despotisch, grausam, blind und korrupt.
Der Präsident ist geflohen... Eine politischer Übergang ist im Gang, lässt aber viele Fragen offen. Wohin geht die Reise in der Zukunft?
Wir, Freinet-Lehrer und – Lehrerinnen aus aller Welt, engagierte Pädagogen und Pädagoginnen aus mehr als 30 Ländern und 4 Kontinenten, fühlen uns erschüttert und betroffen und solidarisch mit dem tunesischen Volk. Wir halten die Werte der Kooperation, der gegenseitigen Hilfe, der weltanschaulichen Neutralität und der Demokratie, der Menschenrechte, der Kinderrechte hoch. Daher sind wir solidarisch mit dem Volk und der Jugend Tunesiens, die zur Revolte getrieben wurde, weil sie das Recht jedes Menschen gefordert hat, sich auszudrücken und mitzuwirken am Prozess der Gestaltung des sozialen und intellektuellen, wirtschaftlichen und politischen Lebens.......
Wir beglückwünschen den Mut unserer Freunde und wir versichern ihnen unsere unbedingte Unterstützung!
Die tunesische Vereinigung der Modernen Schule / Freinet-Pädagogik (ATEM) war auf dem Kongress in Nantes 1957 zugegen, auf dem die FIMEM als Dachverband aller internationalen Freinet-Bewegungen gegründet wurde. Sie hat 1973 in Carthago eine RIDEF / ein Internationales Treffen der Freinet-PädagogInnen organisiert.
Ihre Mitglieder haben aktiv dazu beigetragen, das tunesische Schulsystem zu beleben und zu reformieren.
Wir unterstützen den legitimen Willen unserer Pädagogen-KollegInnen und der ganzen Zivilgesellschaft Tunesiens, mehr Demokratie, mehr Gleichheit und Gerechtigkeit zu fordern!
Wir, die wir uns jeden Tag bemühen, unseren Schülerinnen und Schülern und deren Familien einen Zugang zum Wissen und zur demokratischen Partizipation zu eröffnen, wir sind davon überzeugt, dass jede autoritäre und missbräuchliche Herrschaftsform die Entwicklung von Verhaltensweisen verhindert, die der Gesellschaft, in der wir leben, dienen könnten. Die Entwicklung eines sozialen Netzwerks wird so verhindert, das nötig wäre zur Lösung der gesellschaftlichen Herausforderungen.
Solche Herrschaftsformen nützen nur einer Minderheit und treibt die Mehrheit der Bevölkerung dazu, sich aufzulehnen. Unter diesen Verhältnissen erscheint der Tod weniger „gefährlich“ als ein unerträgliches Leben ohne menschliche Würde .....
Wir erwarten von den Regierungen unserer verschiedenen Länder die unbedingte Unterstützung der Bestrebungen, die auf mehr Gerechtigkeit und sozialen Dialog gerichtet sind. Denn seit Jahrzehnten wurde die tunesische Bevölkerung gelähmt durch aufgezwungenes Schweigen, durch Zensur, durch die verschiedensten Entbehrungen...
Wir unterstützen die Eroberung der Demokratie, der Respektierung der Menschenrechte sowie die Schaffung von Bedingungen, welche die Entfaltung jedes einzelnen Kindes unter den Bedingungen von Gerechtigkeit und Gleichheit ermöglichen und seine Rechte respektieren. Auch wir engagieren uns für eine Gesellschaft, die auf Würde und Respekt gegründet ist.
Diese Überzeugungen, die uns verbinden, mögen jedem und jeder Einzelnen von uns Kraft und Energie geben!
Das Leitungskomitee der FIMEM – Internationale Vereinigung der Freinet-Bewegungen